Mercosur und EUDR – hängt das zusammen?
Die Antwort ist ganz klar: ja! Mercosur bezeichnet eine Wirtschaftsgemeinschaft der vier Gründungsmitglieder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay in Südamerika, welche 1991 mit dem Ziel gegründet wurde, den Handel und die wirtschaftliche Integration der Staaten zu fördern. Seit mehr als 20 Jahren wird zwischen der EU und den Staaten des Mercosur über ein Handelsabkommen verhandelt. Die EUDR spielt hierin nun ebenfalls eine wichtige Rolle.
Für Deutschland und die EU wäre ein Abkommen von großer gesamtwirtschaftlicher und strategischer Bedeutung. Es würde ein nachhaltig positives Signal gegen protektionistische Tendenzen setzen und für eine regelgebundene und wertebasierte Ausgestaltung der Handelspolitik einstehen. Auch wäre es das erste Handelsabkommen, das Mercosur überhaupt abschließt. Der Name Mercosur
steht für Mercado Común del Sur
(Gemeinsamer Markt des Südens). Assoziierte Mitglieder sind Bolivien (im Beitrittsprozess), Chile, Peru, Ecuador, Kolumbien, Guyana und Surinam.
Die gegenwärtigen Herausforderungen der Mercosur-Staaten sind wirtschaftliche Ungleichheiten zwischen den Mitgliedsländern sowie teils unterschiedliche politische Ansichten und Wirtschaftsstrategien. Darüber hinaus gibt es in den Verhandlungen mit der EU, welche 2019 nach jahrelangen Verhandlungen zunächst abgeschlossen wurden, nun aber Ratifizierungsprobleme, insbesondere wegen Bedenken über Umweltfragen und Agrarpolitik.
Das Abkommen würde Zölle senken und den Handel zwischen der EU und den vier Mercosur-Mitgliedern erheblich ausweiten und erleichtern. Ein Hauptbestandteil wäre der Handel mit Agrarprodukten, wobei vor allem die Exporte von Fleisch, Soja und anderen Rohstoffen aus Mercosur-Ländern stark zunehmen würden. Die EUDR, seit 2023 in Kraft, zielt hingegen darauf ab, den Import von Produkten in die EU zu verhindern, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen und sie umfasst Soja, Rindfleisch, Palmöl, Holz, Kaffee, Kakao und Kautschuk. Das birgt Konfliktpotential, auch sieht Brasilien sich als derzeitiger Verhandlungsführer mit der EU hingegen nicht nur als Rohstofflieferant, Stichwort Autoindustrie.
Gerade die Regierungen Lula und Bolsonaro standen in den letzten Jahren aufgrund des Waldflächenverlustes immer wieder im Mittelpunkt medialer Berichterstattung. Die Landwirtschaft und vor allem Viehzucht sowie Sojaanbau sind die maßgeblichen Kräfte dahinter. Es wird nun befürchtet, dass das Mercosur-Abkommen die Entwaldung weiter verschärfen würde, da es Exporte grundsätzlich erleichtert.
Insbesondere während der Präsidentschaft des wirtschaftsfreundlicheren
Jair Bolsonaro geriet die Ratifizierung des Abkommens ins Hintertreffen. Länder wie Frankreich, Irland und Österreich fordern hingegen ebenfalls strengere Umweltauflagen, um sicherzustellen, dass der Handel nicht zur Abholzung beiträgt. Der Widerspruch liegt also darin, einerseits Handelserleichterungen über das Abkommen zu implementieren; gleichzeitig muss aber dafür gesorgt werden, dass Umweltschutz und nachhaltige Lieferketten durch die EUDR ebenfalls gesichert sind. Das Mercosur-Abkommen könnte also nur schwer mit den Anforderungen der EUDR vereinbar sein, ohne zusätzliche Umwelt- und Nachhaltigkeitsklauseln einzuführen.
Handelsabkommen werden aber immer auch als Hebel eingesetzt, um Druck auf die assoziierten Partner auszuüben, stärkere Maßnahmen zum Umweltschutz und der Biodiversität zu ergreifen, wenn man weiterhin vom Marktzugang profitieren möchte. Der Spagat aber bleibt und die EUDR wird derzeit zur zusätzlichen Verhandlungsmasse.
Die EU scheint seit einiger Zeit stärker an einem Abschluss des Abkommens interessiert zu sein, da es für sie eine Vielzahl wirtschaftlicher als auch geopolitischer Vorteile bietet. Für die Mercosur-Staaten ist das Interesse groß, sie hingegen sind in einer stärkeren Verhandlungsposition, da sie mit China ohnehin schon einen starken Handelspartner haben und so die EU auf Zugeständnisse drängen können. Das Handelsvolumen zwischen der EU und Mercosur belief sich 2022 auf rund 120 Milliarden Euro, das deutsche Handelsvolumen mit dem Mercosur auf rund 24 Milliarden Euro. Käme ein Abkommen zu Stande, würde es rund 800 Millionen Menschen und ein Fünftel der globalen Wirtschaftskraft umfassen. (NOP)
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